Über die gesundheitlichen Risiken künstlicher Fingernägel gibt es unzählige Gerüchte und Ammenmärchen. Sie werden mündlich oder über das Internet verbreitet und ihre Quelle kann nicht mehr zurückverfolgt werden. Was nur “irgendwo aufgeschnappt wurde” lässt sich nicht widerlegen. Also bleibt Verunsicherung und ein ungutes Gefühl. Damit Sie ganz genau wissen, mit welchen Substanzen Sie in Berührung kommen, wenn Sie sich dafür entscheiden, mir Ihre Nägel anzuvertrauen, habe ich hier einige Fakten für Sie zusammengetragen.
Vorweg lässt sich sagen, dass ganz ohne Chemie gar nichts geht. Darum besteht bei allen verwendeten Präparaten und Systemen die Möglichkeit einer Kontaktallergie. Das hat die Nagelpflege mit jeder anderen kosmetischen Behandlung gemein. Hauptbestandteil der Materialien, die bei der Nagelmodellage eingesetzt werden, sind Acrylate. Das gilt für Gel-Systeme wie auch für Pulver-Flüssigkeits-Systeme. Acrylate sind in vielen Gegenständen des täglichen Bedarfs anzutreffen und finden beispielsweise im Dentalbereich als Protesenmaterial, in Spielwaren, Kunststoff-Geschirr und vielen anderen Artikeln Verwendung.
Während die chemische Zusammensetzung der Materialien also prinzipiell ähnlich ist, werden sie unterschiedlich verwendet: Pulver-Flüssigkeits-Systeme härten selbsttätig aus sobald die beiden Komponenten miteinander vermischt werden. Bei Gel-Systemen beginnt die Verfestigung erst durch den Einsatz von UV-A-Strahlung, also unter Verwendung einer UV-Lampe. Bei unsachgemäßem Gebrauch kann diese UV-Strahlung die Netzhaut schädigen oder zu Verbrennungen führen.
Ein weiterer Bestandteil der Zwei-Komponenten-Systeme ist das sogenannte Benzoylperoxid. Dieser Inhaltsstoff ist schon lange für die medizinische Behandlung von Hauterkrankungen (z.B. bei Akne) zugelassen und erprobt. Allerdings ist die Nagelpflege keine medizinische, sondern eine kosmetische Behandlung. Darum gelten andere Zulassungsbeschränkungen. Und so gab es im Zusammenhang mit der Zulassung von Benzoylperoxid für kosmetische Produkte einigen Wirbel, der fälschlicher Weise den Eindruck erweckt hat, Acryl-Systeme seien gesundheitsschädlicher als Gel-Systeme oder Tip-Nägel. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Alle Behandlungsarten können unter bestimmten Umständen gesundheitliche Risiken haben. Darum sollte bei einem Verdacht auf allergische Reaktionen hautärztlicher Rat eingeholt werden. Wichtig ist aber vor allem eine sachgemäße Verarbeitung qualitativ hochwertiger Produkte durch geschultes Fachpersonal.
Im Anschluss finden Sie noch einmal alle Unterschiede, Inhaltsstoffe, sowie die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen System im Überblick:
Lichthärtende Systeme (Gel-Technik)
Dabei werden lichthärtende Kunststoffe in mehreren Schichten aufgetragen. Diese Technik wird am häufigsten in Nagelstudios verwendet, da sie vergleichsweise einfach gehandhabt werden kann und geruchslos ist. Basis sind Methacrylate, Füllstoffe wie Polyamidtextilfasern stabilisieren den Kunstnagel. Phosphorverbindungen setzen die Aushärtung in Gang. Nach zwei bis drei Minuten unter der UV-A-Lampe sind die Gelnägel ausgehärtet. Nach drei bis fünf Wochen müssen sie aufgefüllt werden.
Vorteile: Geruchlos, wohl deshalb wird diese Technik den anderen vorgezogen. Eignet sich gut zur Verstärkung der Naturnägel, für brüchige oder abgeknabberte Nägel.
Nachteile: Kostet mehr als die anderen Techniken und dauert länger. Durch das mehrschichtige Auftragen sehen die Nägel nicht so natürlich aus und sind auch nicht so strapzierfähig wie Acrylnägel. Gelnägel lassen sich nicht ablösen, sondern müssen entweder rauswachsen oder runtergefeilt werden. Methacrylate sind allergisierend, Phosphorverbindungen können neurotoxische Eigenschaften haben.
Selbsthärtende Zwei-Komponenten-Systeme (Acryl-Technik)
Die Flüssigkeit enthält meist Ethylmethacrylat (EMA) und weitere Hilfsstoffe. Im Pulver stecken Polymethylmethacrylat (PMMA) und Dibenzoylperoxid. Acrylnägel müssen rasch modelliert werden, da bereits durch die Mischung von Pulver und Flüssigkeit die zwei bis drei Minuten dauernde Aushärtung einsetzt. Die Nägel sollten nach drei bis fünf Wochen aufgefüllt werden.
Vorteile: Acrylnägel können dünner modelliert werden als Gelnägel und sehen deshalb sehr natürlich aus. Außerdem sind sie sehr widerstandsfähig, stabil und haltbar. Die Kunstnägel lassen sich mit acetonhaltigem Nagellackentferner ablösen.
Nachteile: Beim Anmischen und Aushärten entsteht ein starker unangenehmer Geruch. Aceton ist leicht entzündlich und reizend, es entfettet den Nagel , sodass er dünn und brüchig werden kann. Methacrylate sind allergisierend, Benzoylperoxid kann Haut und Schleimhäute reizen.